Nun, liebe Leser:
Ich hatte mich bereits auf das nun wieder neuentdeckte
Oktoberfest in SanBer gefreut. Speziell schon aufgrund meines
Glücks eine der relativ teuren Eintrittskarten gewonnen zu
haben. Ich begab mich frühzeitig zum "Country Club San
Bernardino" und wollte mir schon gegen 18 Uhr die Vorbereitungen
anschauen. Zu meiner Überraschung waren schon die meisten
deutschen Warenverkäufer für den ersehnten Ansturm, von
angeblich tausenden Besuchern, mit Brot und Würstchen gewappnet.
Die Leute des Bierausschankes waren auch schon da , und deren
Zelte und Theken schienen auch schon fertig. Die Dekorationen
ershienen zwar auf dem ersten Blick ein wenig simpel, aber es
sollte ja auch ein eher kulturell-zusammenbringendes Fest
werden, und keinen Kulturschock verursachen. Alles war sauber,
und nun war es auch schon 19 Uhr geworden. Das Tor schloss sich,
und die ersten Eintrittskarten wurden verkauft und eingelöst.
Also, man hatte sich auch schon bei der anliegenden Strasse
vergewissert, dass die fähigen Parkwächter auf unsere Autos,-
für den Wert von 10.000.- Gs.-, auch aufpassen würden. Kam man
nun zum Eingang, gab man sein Ticket zum entwerten ab, oder man
konnte sich bequem eines für 40.000.- Gs. kaufen. Kurz darauf,
ging man zum "Souvenir-Stand" und hatte die Auswahl zwischen
einem Weissbierglas für 20.000.- Gs. (ohne Füllung) oder einem
"Humpen" für 25.000.- Gs. (mit einer Füllung), nebst T-Shirts,
Hüten und anderer teurer Memorabilia. Mit Geld wurde auch nicht
gehandelt, denn man musste sich seine Tickets für Getränke und
Essen, an einem Stand kaufen. Nach dem Ticketkauf ging man
einfach nur zum gewünschten Stand , und liess sich seinen
Bierseidel auffüllen oder die guten deutschen Speisen in die
Hand drücken.
Für reichlich Sitzgelegenheit war auch gesorgt, denn man zählte
ja auch mit einem Hauptambiente, wo die Tanzvorführungen und die
Live-Musik spielen sollte, mit bestimmt über 250 Tischplätze.
Draussen waren zwei grosse Festzelte mit Disco für die etwas
jüngeren Besucher, mit Tisch- und Sitzgelegenheiten für bestimmt
weitere 500 Leute. Ausschankzelte waren wohl auch bis zu einem
Dutzend da, also, es schien alles gut geplant und eifrig
vorbereitet zu sein.
Nun waren die ersten Besucher angekommen. Das Fest fing mit
einem von zwei langen und nervenzermürbenden Stromausfällen an.
Man verfluchte ein wenig die Ande und fragte sich warum ein so
teurer und respektabler Klub kein Notstromagregat hatte, aber
man versuchte sich nicht den ganzen Spass verderben zu lassen,
und munkelte im dunkeln mit Bekannten Stimmen vor sich hin.
Essen und Trinken stand ja schon kalt sagte man sich, und ging
frohen Mutes auf den Ticketstand zu, wo einem dann gesagt werden
musste, dass die Kassen noch nicht gebracht wurden, und dass die
Tickets fehlten. Leider musste man nun über eine Stunde im
dunkeln, ohne Licht, Musik, Trinken, Essen oder angenehmer
Sitzgelegenheit, vor sich dahinkauern. Aber!; gegen 20:20 Uhr
war es dann endlich soweit! Die Tickets waren da und die Kasse
schien zu stimmen! Es war ja auch kein Beinbruch beim
Kerzenschein und Handylicht sich in gebrochenem Spanisch oder
gestammeltem Deutsch so einige Papierfetzen für das kühle Nass
oder das leckere Essen, zu besorgen: "Es war halt romantisch!".
"Jetzt aber den Durst löschen!", sagte man sich, und rannte
Richtung Ausschank, wo einige Gestalten hinter der Theke
beteuerten, dass es nicht ihre Schuld sei, dass die Biersäulen
nicht gingen, denn wir hatten ja keinen Strom! Also, egal; man
rannte zurück zum Ticketstand, tauschte die teuren 10.000.- Gs.
Tickets für etwas billigere 8.000.- Gs. Bons, und wechselte
einfach den Schein für Brahma-Dosenbier, denn leider gab es ja
nichts anderes! Wer nach den deutschen Bieren suchte, der konnte
auch bei einem der Essensstände eine lauwarme "Cervisia"
bekommen. Aber beim Teutates!; der Strom war wieder da! Und da
gingen nun auch endlich die Zapfsäulen, zwar nur mit massig
Schaum und warm wie Achselschweiss, aber es war nass!
Na gut. Jetzt konnte auch das ersehnte Oktoberfest beginnen. Es
normalisierte sich sogar nach dem nächsten mindestens 30
minütigen Stromausfall! Die Musik verwandelte sich jetzt auch,-
Dank der Volksliedergruppe "Die Lustigen Musikanten"-, in etwas
relativ typisch deutsches, und wurde von der Tanzbesetzung,-
ebenfalls aus Colonia Independencia-, mit heiterer Stimmung
unterstützt. Leider traute sich keiner der Anwesenden den einen
oder anderen Schritt auf der sorgfältig-vorbereiteten
Parkettbühne zu wagen, aber man beobachtete, fotografierte und
filmte mit grossem Interesse. In Sachen typischer Trachten waren
leider auch nicht viele der Anwesenden überzeugend, aber der
eine oder andere Enthusiast kam auch schon mit eigenem Hut oder
Lederhose, oder entsprechend die Damen: mit Dirndl oder
gefaltetem Rock. Zum Glück halfen die netten Organisatorinnen am
Souvenirstand mit dem Verkauf von Hüten (á 40.000.- Gs.), was
einige auch mit Wohlwollen berappten.
Weiterhin, konnte man verständlicherweise auch nicht mit dem
Einzug der "Wiesnwirte" rechnen, aber der eine oder andere
Besucher dachte schon, dass der Bürgermeister den bekannten
Fassanstich,- wenn auch nur symbolisch-, machen würde; da fehlte
aber leider das entsprechende Bier, denn leider wurde das
"Brahma-Chopp" und das "Budweiser" nicht in den traditionellen
Fässern geliefert, und die Brahma-Dosen waren wohl leider auch
nicht das Wahre. Schade. Wie aber schon vorher erwähnt, konnte
man sich einer Flasche lauwarmen Hefebieres bedienen, insofern
noch nicht alle weggekauft waren. Die so typischen Attraktionen
konnte man leider auch nicht anbieten, denn der Aufwand für das
sonst doch mindestens 16-tägige Aufgebot des Oktoberfestes,
welches leider in SanBer nur gerade 6-8 Stunden lief, war
einfach zu gross.
Also gut; wollen wir doch einmal "
die blanken Fakten" darlegen:
1- In Sachen Höhepunkte,- abgesehen vom Eintrittspreis von
40.000.- Gs.+10.000.- Gs. Parkgebühr-, konnte man nur die
Darbietung der Musikanten und Tanzbesetzung aus Colonia
Independencia zählen, denn es gab weder Einzug irgendwelcher
"Brahma" oder "Budweiser" Wiesnwirte, Fassanstich des Oberbürgermeisters
(noch eines "Intendente"), oder einen Trachtenzug.
2- Die Attraktionen blieben komplett aus.
3- Es gab keine,- wie angesagt-, Auswahl an deutschen Bieren, sondern nur amerikanisches oder inländisches Bier.
4- Das Essen und die Leckereien waren zwar überwiegend
deutscher Tradition (Dank einiger tüchtiger und treuer
Produzenten unserer Region, wie "Ralph"), aber, man wurde mit
dem Warten von über einer Stunde auf die Getränke- und
Essensbons, sehr hart auf die Probe gestellt!
5- Die anfängliche musikalische Stimmung mit den
brasilianischen Hits, wurde zum Glück einige Stunden nach Anfang
des Festes, durch "Die Lustigen Musikanten" zu einer deutschen
Tradition zurückerobert.
6- Zu Beginn wollte man die Tischplätze im Hauptgebäude für
10.000.- Gs. pro Person vermieten, aber man verwarf diesen
Gedanken sehr schnell, als man merkte, dass der riesige Ansturm
an Besuchern irgendwie ausblieb!
7- Der so teure und privilegierte Klub hatte leider keinerlei
Notbeleuchtung noch Notstrom, und die Lichverhältnisse der
Beleuchtung (als Ande uns wieder mit Strom bereicherte)
erinnerten eher an eine schmuddelige Taverne, als an ein
Oktoberfest.
8- Für Sicherheit schien aber gesorgt, denn bereits um 18:00
Uhr versammelten sich die lokale Polizei und ein Trupp von über
einem dutzend Polizisten der Caminera an beiden Extremen der
Hauptstrasse; denn, man wollte ja keine unnötigen Beschwerden
wegen des Ansturms an Autos, Bussen und dergleichen, bekommen.
Die
meistgehörten Aussagen unter den Besuchern:
1- Es handle sich hier um "eine Abzocke", und der nächste Besuch "werde klar und deutlich ausgelassen".
2- Die Anwesenheit des Bürgermeisters wäre "angemessen"
gewesen, aber Er musste wegen einer familiären Heirat, leider
bis spät am Abend ausbleiben.
3- Man hätte mit wenigstens "einen ganzen Tag, so mit
Frühschoppen, gerechnet", und nicht nur einige Stunden zwischen
Nachmittag und den frühen Morgenstunden.
4- "Wo gibts denn sowas? Ein Oktoberfest und kein deutsches Bier?, nicht mal aus der Flasche?"
5- "Warum gibt es nur Bier, Cola und Wasser? War der Wein oder eine Weinschorle zu teuer?"
6- Haette man "die Organisation mit den Essens- und Bierbons" nicht wenigstens pünktlich zum Beginn hinkriegen können?
7- "Wo finde ich denn hier einen Mülleimer?"
8- "Muss ich denn andauernd rausgehen um mir ein Bier oder Würstchen zu holen?"
9- "An ein solches Oktoberfest werde ich mich noch lange erinnern können" (verstehe man wie man will!)
Das
letzte Wort, ohne irgendjemanden auch nur
versuchsweise auf die Füsse treten zu wollen, ist privat, wie
folgt: "Ich werde mich auch noch viele Jahre an dieses Fest
erinnern können. Der Charme eines Oktoberfestes war sogar noch
viel näher beim Frühschoppen in einem oder zwei der umliegenden
Restaurants der Gegend, deutlicher spürbar, als bei uns in SanBer.
Meine Freunde, Bekannte und Ich selbst waren so deutlich
enttäuscht, dass es wohl das letzte Mal in der Geschichte dieses
Jahrzehntes war, in dem wir beim Oktoberfest in SanBer waren.
Unser Beileid an die wenigen Leute die sich doch so viel Mühe
gegeben, und die Hoffnung bis zum Schluss nicht aufgegeben haben:
Seid nicht traurig, denn es war doch schon eine einmalige Sache!"
Viele liebe Grüsse aus SanBer, Carlos
Geschrieben von Carl P. Sommerlad – Vereidigter Übersetzer N° 1.078 Deutsch-Spanisch. Folgen Sie unter www.sprachen-fuessler.blogspot.com, oder mail: carlphilipsommerlad@gmail.com – Tlf. 0982.87.85.64